Fast 500 Jahre Töpferei in Kohren

 Ausschnitt Postkarte Töpferei Arnold Kohren-Sahlis, 19. Jahrhundert,
Bildquelle/Copyright: Töpferei Arnold/Kohrener Geschichtsverein e. V. 

Töpferei Arnold, 2022,
Bildquelle/Copyright: Kohrener Geschichtsverein e. V.

Orte:

  • Bücken-Delling am Kohrener Markt 1
  • Töpferbrunnen am Markt
  • Töpfermuseum, Baumgartenstraße 3
  • Töpferhaus Arnold, Burggasse 2
  • Töpferei Müller in Kohren 
  • Keramikwerkstatt Jean-Christophe Watt in Jahnshain


Gleich unten am Markt, Kohrener Markt 1, war der Brücken-Delling, ein sehr alter, großer Familienbesitz mit Landwirtschaft. Dieses Grundstück gehörte zu den ältesten Kohrener Töpfereien. Aus der Familie Delling gingen einige Obermeister und ein Bürgermeister hervor. An einer Toreinfahrt ist noch das Innungszeichen der Töpfer zu sehen. Heute ist in dem Gebäude ein Brennstoffhandel  untergebracht.

 

Es ist nur eine Töpferei von vielen, die es in Kohren gegeben hat. Wann die Geschichte der Töpfereien begonnen hat, kann man nicht genau sagen. In einem alten Protokollbuch der Töpferinnung, das im Besitz des Töpferhauses Arnold ist, stammt der erste Eintrag vom 28. Januar 1656. Bereits sechs Meister haben diesen ersten Eintrag unterschrieben. Der Höhepunkt scheint zu Beginn des 19. Jahrhundert gewesen zu sein. Damals – 1809 - hat es 14 Töpfereien mit 14 Meistern, 40 Gesellen und 17 Lehrlinge gegeben. Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele Töpfereien aufgegeben. Ein Grund ist wahrscheinlich, dass der emaillierte Topf erfunden wurde und Töpferware weniger gebraucht wurde. 

 

Von den Traditionstöpfereien hat als einzige das heutige Töpferhaus Arnold überlebt. Am Giebel der ehemaligen Frommholdtschen Töpferei steht:

„Seit 1500 vierzig u. acht werden hier Töpfe u. Schüsseln gemacht.“  

 

Es gibt eine Liste von allen Besitzern seit 1548 – damals war Martin Marten der Besitzer des Hauses. Die Anlage des Hauses deutet darauf hin, dass es schon damals  als Töpferei betrieben wurde. Überm Eingang ist im roten Porphyr-Türstock die Jahreszahl 1824 zu lesen, offensichtlich wurde damals das Töpferhaus grundlegend renoviert. Im 19. Jahrhundert wurde hier unter Töpfermeister Peukert die erste bleifreie Glasur verwendet. Hergestellt wurden Gebrauchsgeschirr, Ofenkacheln in vielen Mustern, wovon die wertvollsten Kacheln zwischen 1648 bis 1662 entstanden sind. In den 1920iger Jahren stellte Max Arnold die Produktion hauptsächlich auf Reiseandenken in starkfarbigen Glasuren um. Heute gehört das Haus der Tochter des letzten Privatbesitzers Rudolf Arnold, die das Haus grundlegend renoviert hat. Die Traditionstöpferei im Haus betreibt seit 1993 die Töpferhaus Arnold GmbH. 

 

Weitere Orte in Kohren zeugen von der langjährigen Tradition. So das Töpfermuseum, das ebenfalls in einer alten Töpferei untergebracht ist. 1763 wurde es vom Töpfermeister Carl Friedrich Böhme als Töpferei neu erbaut und bis 1957 von verschiedenen Familien als solche betrieben. Es wurde auf Initiative der Kohrener Kulturbundgruppe  zum Töpfermuseum umgebaut und am 8. Mai 1961 eröffnet. Heute ein gut besuchter Ort, in dem man viel über Geschichte der Töpfereien in Kohren und Herstellung von Tonwaren erfährt und der immer wieder zu Sonderausstellung einlädt.

Ein weiteres Zeugnis der Geschichte ist der bundesweit einmalige Töpferbrunnen auf dem Markt. Der Brunnen aus farbig glasierter Keramik ist das Wahrzeichen von Kohren-Sahlis. Er wurde 1928 vom Kunstkeramiker Kurt Feuerriegel aus Frohburg erbaut. 

 

Außerdem gibt es wieder zwei weitere aktive Töpfereien:

 

Die Töpferei Müller in der Steingasse 3: Töpfermeisterin Gundula Müller hat in der Kunsttöpferei Kohren-Sahlis, heute Töpferhaus Arnold, gelernt und sich nach der Wende 1990 selbständig gemacht. Sie ist seit vielen Jahren Vorsitzende des Töpfermarktvereins, der jedes Jahr den Töpfermarkt organisiert. 

Die Keramikwerkstatt Jean-Christophe Watt im Ortsteil Jahnshain:  Der Elsässer Jean-Christophe Watt hat sich in Jahnshain auf einem Fachwerkhof niedergelassen. Dort hat der Töpfer einen Noborigama-Ofen gebaut, einen Mehrkammer-Brennofen nach japanischem Vorbild, der ausschließlich mit Holz gefeuert wird. Ein- bis zweimal im Jahr ist großer Brand. 


Noch heute kann man teilweise nachvollziehen, wo einige der ehemaligen Töpfereien untergebracht waren (erstellt nach der Zusammenstellung von Rudolf Hofmann aus dem Jahr 1979). 

 

Der Obere Steglich, heute An der Burg 1/3, Stegliche Kirchentöpferei mit Landwirtschaft. Längerer Familienbesitz, eingegangen kurz nach 1900, da einziger Sohn und Erbe sehr jung starb. Der letzte Töpfer, Robert Steglich, betrieb nur noch die Landwirtschaft. Die Töpferei war im 17. und 18. Jahrhundert berühmt durch die Herstellung der größten bildlichen Ofenkacheln, auch wurden hier die für Kohren ältesten Schüsselkacheln in Grünspanglasur gefunden (von R. Hofmann). Aber auch Gebrauchsgeschirr in sehr großen Abmessungen wurde hier hergestellt.

Die Steglichsche Burggassentöpferei, heute Burggasse 4:  großes, gut ausgebautes Grundstück, ging nach 1915 ein, da der Töpfermeister Otto Steglich keine Nachkommen hatte. Vor seinem Vater, Louis Steglich, war die Töpferei im Besitz der verzweigten Töpferfamilie Delling. Gebrauchsgeschirr in bester Qualität wurde hier gefertigt, sowie Ofenkacheln und figürliche Arbeiten. Um 1880 ging von hier die erste Schmuckkeramik mit Auflegearbeiten in den Handel. 

Die Frommholdtsche Töpferei – heute Burggasse, Töpferhaus Arnold: Als Arnoldsche Töpferei bekannt, Grundstücksbesitzer sind bis 1548 nachgewiesen. Auffallend ist der starke Wechsel der Eigentümer. Im 19.Jahrhundert wurde hier unter Töpfermeister Peukert die erste bleifreie Glasur verwendet. Hergestellt wurden Gebrauchsgeschirr, Ofenkacheln in vielen Mustern, wovon die wertvollsten Kacheln zwischen 1648 bis 1662 entstanden sind. In den 1920er Jahren stellte Max Arnold die Produktion auf Reiseandenken in starkfarbigen Glasuren um. Ab 1. Januar 1974 stellte der VEB Kunsttöpferei das begehrte blau-weiße Geschirr her.

Der Untere Steglich, heute Baumgartenstraße 3, Töpfermuseum: 1763 als Töpferei neu erbaut. Eine Zeit im Besitz der Töpferfamilien Steglich. Herstellung von vorzüglichem Gebrauchsgeschirr, Ofenkacheln bis 1910. Um die Jahrhundertwende war Töpfermeister Heinrich Gierisch Kohrens bedeutendster Meister der neuen Kunstrichtungen, aufgeschlossen und zugleich Förderer von Künstlern und Kunsthandwerkern. Er gilt als stärkster Produzent von Jugendstil-Erzeugnissen. Meister Ernst Kottwitz übernahm die Werkstatt, da der einzig Sohn Gierischs nicht einschlug. Als Kottwitz ohne männliche Nachkommen starb, verpachteten die Erben die Töpferei noch viermal, jeweils auf kurze Zeit. 1957/58 wurde die Werkstatt von den Erben den Natur- und Heimatfreunden des Kulturbundes zum Ausbau eines Töpfermuseums überlassen. Am 8.Mai 1961 wurde es der Stadt durch Rudolf Hofmann zur Eröffnung übergeben. 5.000 freiwillige Aufbaustunden sind dabei geleistet worden.

Scheibnersche Töpferei, vormals SebastianTöpferstraße 8: Alte Töpferei mit gutem Ruf. Sebastian musste verkaufen, da er keinen Sohn als Nachfolger hatte. Bei dieser Töpferei lagen Ladehaus und Pferdestall dem Wohnhaus gegenüber auf der anderen Straßenseite, Tonbett und Scheitplan jedoch am Wohnhaus. Das hier hergestellte Gebrauchsgeschirr hatte einen rötliche-braunen Lehmbeguss, an dem die Ware dieser Werkstatt zu erkennen ist. Als Besonderheit ist die Herstellung von Spezialpfannen zu nennen. Nach 1900 wurde Ziergeschirr mit Laufglasuren für die Küchen sowie mit Auflegearbeiten versehene Schmuckkeramik in grüner und Laufglasur hergestellt.

Grunertsche  Töpferei – heute Töpferstraße 5 /7, sehr alter Familienbesitz mit tüchtigen Meistern. Hergestellt wurde Gebrauchsgeschirr und Ofenkacheln,  die bis 1662 nachgewiesen werden. Besonderheit dieser Töpferei waren künstlerisch wertvolle Ofenaufsätze und Ofenteile im Stil des Barock bis zum Empire. Vom Gebrauchsgeschirr wurden Sülzen und Puddingformen der Muster wegen bevorzugt gekauft. Die Ehe des letzten Grunert blieb kinderlos, so ging Anfang des 20. Jh. die Töpferei ein. Der letzte Grunert fiel als junger Meister im 1. Weltkrieg.

Haus Nr. 7 bzw. 24 – Besitzerin Frau Saupe, heute Töpferstraße 9
Vor dem heutigen Neubau stand hier eine alte Töpferei in Fachwerkbau, das Ladehaus über die Straße, dem Wohnhaus gegenüber. Diese Töpferei gehört zu den zuerst eingegangenen und wird im Grundstückverzeichnis von 1868 nicht mehr als Töpferei bezeichnet. Erhalten gebliebene Erzeugnisse aus dieser Werkstatt zeugen vom hohen Können ihrer Meister. Um 1800 hat man sich hier mit Auflegearbeiten befasst.

Ehemalige Ernst Dellingsche Töpferei, heute Friedensstraße 4/6
Es war ein sehr alter Familienbesitz. Bis zum Anfang des 18. Jh. werden in dieser Töpferei die Dellings lückenlos nachgewiesen. Ihre Erzeugnisse fanden auf den Märkten guten Absatz. Vielseitigkeit zeigte nicht nur das Gebrauchsgeschirr, sondern auch Geflügeltränken und Räucheröfen für Imker waren die Stärke dieser Werkstatt. Meister aus der Familie Delling nahmen besondere Stellungen im Innungs- und Gemeindewesen ein. Z.B. Christian Ernst Delling, Bürger, Töpfer und Mitglied des chori musici in Kohren 1764.

Ehemalige Steglische Töpferei mit Landwirtschaft – heute Karl-Marx Str. 19,  Firma Arnold Lichttechnik. Es ist eine geschlossene, gutsähnliche Anlage. Sie gehörte zu Kohrens großen Töpfereien. Vor Steglichs war die Töpferei im Besitz der künstlerisch veranlagten Familie Grunert, hier liegt auch ihre Blütezeit. Grunertsches Gebrauchsgeschirr sowie auch Ofenteile erfreuten sich großer Beliebtheit. Die von Steglich vorgenommene Umstellung auf Kleinzeug brachte Absatzschwierigkeiten und ließ die Töpferei um 1900 eingehen.                                


Stand Februar 2023

 

Erstellt nach Dokumenten vom Töpferhaus Arnold und einer unveröffentlichte Zusammenstellung von Rudolf Hofmann, 1979, Töpfermuseum Kohren-Sahlis